Zum Inhalt springen

Romantagebuch – KW44/2024

Diese Woche wurde viel gespielt und viel geschrieben. Irgendwie war ich voller Energie – eventuell lag es an der durch die Zeitumstellung gewonnenen Stunde.

Schnörkellosen, aber unspektakulären Fortschritt gab es in der vergangenen Woche.

Die Rohversion ist weiter vorangeschritten; die Euphorie über das finalisierte Treatment hält immer noch an. Neben dem Schreiben, habe ich mich punktuell mit dem nächsten Modul der Schreibschule auseinandergesetzt. Vor allem mit dem „indirekten Stil“ beim Schreiben und wie er bei der Verdichtung des Textes helfen kann. Dazu will ich euch ein paar Informationen mitteilen.

Verdichtung von Stil und Figuren

Das Modul beschäftigt sich intensiv mit der Kunst, Charaktere durch Sprache und Stil greifbar und lebendig zu gestalten. Ein hervorstechendes Detail dieses Kapitels ist die Betonung auf den sogenannten indirekten Stil, der nicht nur beschreibt, was sichtbar ist, sondern darüber hinaus Emotionen, Atmosphären und das Innenleben der Figuren transportiert. Dieser Stil erlaubt es dem Leser, eigene Assoziationen und Emotionen einzubringen und damit ein tieferes Verständnis für die Figuren und deren Umfeld zu entwickeln. Indirekter Stil erreicht dies, indem Bilder und Metaphern genutzt werden, die über die eigentliche Wortbedeutung hinausgehen. Man sieht den Text selbst als Meta-Ebene, um weitere Inhalte, die über den bloßen Inhalt hinausgehen, zu transportieren.

Ein Beispiel illustriert die Umsetzung eines personennahen Stils durch den Roman „Der begrabene Riese“ von Kazuo Ishiguro, in dem Nebel und Nieselregen, die den Schauplatz umhüllen, eine dichte Atmosphäre schaffen und der Figur eine Wahrnehmungsebene, die über das Offensichtliche hinausgeht, geben. Der Text wird so engmaschig, dass der Leser in die Szene hineingezogen wird, ohne die Notwendigkeit expliziter Beschreibungen des Gefühlslebens der Figur. Hier ein kleiner Auszug:

Während Axl am Eingang des Baus stand und über die Leute hinweg den Blick in die Ferne richtete, wo sich das Land zu den Sümpfen hin absenkte, sah er Nebel aufsteigen und rechnete damit, dass schon am Nachmittag wieder graues Geniesel vom Himmel fiele.

Er hatte eine ganze Weile hier gestanden, als er auf einen Tumult aufmerksam wurde, der sich drüben am Zaun zum Weideland gebildet hatte. Erst interessierte es ihn nicht weiter, doch dann drang aus dem Stimmengewirr, das der Wind herüberwehte, etwas an sein Ohr, das ihn alarmierte. Anders als seine Augen, die mit den Jahren ärgerlich trüb geworden waren, konnte er sich auf sein Gehör noch immer verlassen und war sicher, dass er aus dem vielstimmigen Geschrei die Menge am Zaun Beatricens Stimme herausgehört hatte. Sie war in Bedrängnis.

Dieser subtile Einsatz indirekter Mittel fördert die Verdichtung, indem alle stilistischen Elemente wie Handlung, Perspektive und Figurenführung ineinandergreifen und ein fesselndes Leseerlebnis schaffen. Es ist eine der Königsdisziplinen beim Schreiben von Romanen.

Kommende Woche wird es lyrisch

Die Einsendeaufgabe dreht sich um die Verdichtung einer ausgewählten Szene aus der Rohversion mit den kennengelernten Stilmitteln und -formen. Darüberhinaus soll ich – und da wird es nun wirklich interessant – diese Szene in einem Gedicht verewigen! Es geht dabei nicht um die bloße Nacherzählung in Reimform, sondern um die Verdichtung des Inhalts nach „allen Formen der Kunst“. Ich bin extremst gespannt, wie mir das gelingen wird; mit etwas Glück bekommt ihr nächsten Sonntag diesen Text schon zu Gesicht :D. Bis dahin wünsche ich euch eine entspannte Woche!

Published inSchreiben