Es ist spät. Ein BIOS-Upgrade und einige Grafikkarten-Tweaks liegen hinter mir. Die Uhr tickt. 1 Uhr, 2 Uhr, 3 Uhr. Aber die Zeit scheint hier, in der Zone, eine ganz eigene Dynamik zu haben. Der Bildschirm flackert leicht im schummrigen Licht meines Zimmers, und während ich zum ersten Mal Stalker 2 starte, ist es, als ob ich durch ein Portal direkt zurück in meine Uni-Zeit gezogen werde. Damals, als ich Nächte durchgezockt habe. Als ich mit einem Freund um 5 Uhr morgens noch im Teamspeak über die Multiplayer-Maps des ersten Teils gerannt bin, obwohl um 08:15 Uhr die erste Vorlesung begann.
Schon das Hauptmenü von Stalker 2 trifft wie ein Schlag in die Nostalgie-Magengrube. Der Ladebildschirm ist lang, fast quälend. Und ich liebe es. Es ist fast wie ein Ritual: Ein Moment, um sich innerlich vorzubereiten, bevor es wieder in die Zone geht.
Die ersten Schritte fühlen sich an wie ein Déjà-vu. Es knirscht und ruckelt. Die Steuerung ist… eigenwillig. Stalker 2 ist kein poliertes Triple-A-Spiel, das einen mit Samthandschuhen anfasst. Es ist roh, ungeschliffen, beinahe trotzig. Genau wie damals bei Stalker 1. Schon nach wenigen Minuten spüre ich, dass ich wieder genau da bin, wo ich vor Jahren aufgehört habe – in einer Welt, die mich nicht führen will, sondern mich mit offenen Fragen, kryptischen Hinweisen und der unvermeidlichen Gefahr alleinlässt. Dessen Gegner einen mit zwei Schüssen niederstrecken und dessen Umwelt tödlich ist.
Ich erinnere mich daran, wie ich damals jedes Fitzelchen aus dem Spiel herausgeholt habe. Egal, ob es ein kryptischer Leak der Alphaversion war, ein Mod, den ich mühselig mit meinem Freund und kyrillischen Anleitungen zum Laufen bringen musste (ohne auch nur ein Wort davon zu verstehen), oder ein obskurer Patch aus den dunkelsten Ecken des Internets – wir haben vieles probiert, nur um mehr von dieser Welt zu erleben. Diese Leidenschaft ist in Stalker 2 sofort wieder da.
Die ersten Anomalien, das Knistern des Geigerzählers, die ersten Schüsse, die erste Emission, die wie ein schwerer Mantel auf die Schultern fällt – alles fühlt sich gleichzeitig neu und vertraut an. Es ist, als ob GSC Game World verstanden hätte, dass Stalker nicht perfekt sein soll. Es soll dich fordern, irritieren, ja, manchmal sogar frustrieren. Und genau darin liegt die Magie. Es ist clunky, es ist altbacken, es ist eigen – und es ist wundervoll.
Ich habe richtig Bock, mich wieder zu verlieren.