Gestern war ich auf der SPIEL in Essen und habe mir (weil ich vorab viel Gutes darüber gehört habe) das Solo-Brettspiel Adamastor gekauft – und gestern Abend direkt mal ausprobiert. Das Spiel versetzt einen in die Hochzeit der portugiesischen Seefahrtsära, in der man als Kapitän eines Schiffes versucht, Gefahren wie Unwetter, Krankheit, Unruhen unter der Besatzung und nicht zuletzt die eigene Erschöpfung zu überstehen.
Zuerst kommt der Aufbau: Ein Deck von vierzig Spieler-Karten plus Map/Kampfkarten wird gemischt, drei Karten werden gezogen und eine Ausgangsreihe aufgebaut. Man kann wählen zwischen einer klassischen 1-Spiel-Partie (“klassisch”) oder einer Mini-Kampagne mit drei aufeinanderfolgenden Abenteuern. Ich habe mich zunächst für die klassische Version entschieden.

Jede Runde gilt es Karten auszuspielen, Hand- und Tableau-Management zu betreiben, Navigation über die Seegebiete zu machen und gleichzeitig die Moral der Mannschaft im Blick zu behalten, denn der Deckabbau oder Fehlaktionen führen schnell zum Spielverlust.
Was mich besonders angesprochen hat: Das Spielgefühl ist nicht darauf ausgelegt, sich konstant mächtig zu fühlen oder einen steigenden Ressourcenberg aufzubauen – im Gegenteil: Man spürt permanent die Stimmung der Abnutzung, der Unwägbarkeiten. Man verwaltet das Elend und will möglichst langsam die Abwärtsspirale hinunter. Im Optimalfall erreicht man vorher das Ziel der Reise und gewinnt den Spieldurchlauf.

Spielmechanisch funktioniert das so: Man hat in jeder Runde eine Reihe von Aktionskarten in seiner “Adventure Row”, man kann Karten tauschen, ins Spiel bringen oder als Skills oder Traumas einsetzen. Karten haben verschiedene Werte (z. B. Navigation, Landbonus, Kosten) und man nutzt sie, um sich vorwärts zu bewegen – aber auch, um Risiken abzuwenden. Zugleich lösen sich Ereignisse aus, wenn bestimmte Symbol-Kombinationen in den Karten erscheinen (z. B. Unruhen, Krankheit, Müdigkeit). Wenn man z. B. eine Insel betritt, kann man aus dem Deck Karten ziehen und sich dadurch Vorteile sichern – aber auch neue Verpflichtungen eingehen. Das Balancieren von Chancen und Risiken ist zentral. Für mich war das genau richtig austariert.
Was ich als Stärken empfunden habe: Erstens das Thema – selten taucht ein Spiel mit der Option für Solo-Spiel mit diesem Setting auf. Zweitens das klare, aber angespannte Design: Es gibt nicht tausend Komponenten, sondern ein konzentriertes Kartenset, ein Token bzw. Marker, und trotzdem entsteht Spannung. Drittens: Die Wiederholbarkeit. Da die Mapkarten variieren und die Handkarten in jedem Spiel neu gemischt werden, entstehen unzählige Möglichkeiten und neue Erfahrungen. Kein Durchgang dürfte dem vorherigen gleichen.

Natürlich gibt es auch etwas, was mich stört, auch wenn der positive Gesamteindruck überwiegt: Der Glücksfaktor ist spürbar – wer ungünstig zieht, kann relativ früh in Schwierigkeiten geraten. Für ein Solospiel ist das zwar kein Makel per se, aber man sollte sich darauf einstellen, dass es eher um Überleben als um Triumphieren geht.
Mein Fazit: Adamastor ist kein lautes, bombastisches Spiel mit tausend Miniaturen – es ist leise, intensiv und perfekt für einen Solo-Abend, an dem ich zwar meine Ruhe haben, aber trotzdem geistig “reisen” will.
