Romantagebuch – KW33/2025

In der vergangenen Woche habe ich mehr oder weniger in meinen vorgesehenen Rhythmus gefunden: Ein Tag konzentriertes Schreiben, ein Tag Ausflüge in die Umgebung, ein Tag konzentriertes Schreiben, ein Tag Ausflüge in… und so weiter. Dennoch komme ich nicht so schnell vorran, wie ich mir das vorher vorgestellt hatte – und ich setze mir daher unter Druck und verleide mir ein wenig das Schreiben. Den Zahlen nach bin ich gut im Plan, aber subjektiv fühlt es sich irgendwie nicht so an. Ich habe meinem Roman auch ganze vier neue Szenen hinzugefügt, weil ich dem Schmugglerthema mehr Raum bieten wollte – immerhin hat er die Region zu dieser Zeit sehr stark geprägt. Mal schauen, was sich in den nächsten Tagen so ergibt.

Einige Szenen wurden in den Status “fertig” und “lektoriert” geschoben; aber es entstanden auch vier komplett neue.

Apropos “Schmuggel”: Ich würde den Tagebucheintrag diese Woche gerne für ein paar Worte über dieses Thema nutzen. Während meiner Recherchen in den letzten Monaten habe ich nicht nur einige sehr interessante Einblicke in diese Thematik erhalten, sondern habe mir auch immer mal vorgenommen, einen sogenannten “Schmugglerpfad” zwischen Walbeck, Straelen und den Niederlanden mal selbst zu bewandern. Dieser ist eine historisch überlieferte Route für den Kaffee-, Tabak- und Viehschmuggel von den Niederlanden in die Weimarer Republik. Und nun, während meiner Urlaubszeit, habe ich mich also dorthin aufgemacht. Ich war unterwegs zwischen Straelen und dem niederländischen Lomm.

Wälder, Bäche, Teiche und Seen: Hier boten sich viele Gelegenheiten, die Grenze unbemerkt zu überqueren.

Der Schmugglerpfad verläuft entlang der deutsch-niederländischen Grenze zwischen den Orten Straelen, Walbeck, Kevelaer, und auf niederländischer Seite u.a. Arcen, Venlo, oder Tegelen. Diese ländliche Region mit vielen kleinen Wegen, Wäldern und Feldern war ideal für heimliche Grenzübertritte. Da es hier viele kaum bewachte Übergänge gab, entwickelte sich ein weit verzweigtes Schmuggelnetzwerk, das vom einfachen Landarbeiter bis hin zu organisierten Banden reichte.

Dünen durchziehen das Grenzgebiet; heutzutage gibt es viele Erholungspfade und Wanderwege entlang der Grenze. Die sandigen Böden der Region begünstigen den Spargelanbau.

Warum wurde damals vor allem Kaffee geschmuggelt? Kaffee war damals stark besteuert, was ihn für viele Deutsche, obwohl schon damals alltägliches Genussmittel, unerschwinglich machte. In den Niederlanden war der Kaffee günstiger – der Preisunterschied betrug teilweise mehr als das Doppelte. Der Schmuggel war also durchaus ein lukratives Geschäft.

Schmuggler trugen den Kaffee in Säcken oder Bauchgurten über die Grenze, meist zu Fuß oder mit Fahrrädern, teilweise auch mit Karren oder getarnten Fuhrwerken. In der Nacht oder im Morgengrauen nutzten sie abgelegene Pfade (wie den von mir besuchten „Schmugglerpfad“ bei Straelen). Oft war der Schmuggel ein Nebenerwerb für Landwirte, Tagelöhner oder Jugendliche, teilweise sogar mit stillschweigender Duldung der Dorfbevölkerung und sogar der Polizei. In meinem Roman thematisiere ich dies in mehreren Dialogen zwischen den Polizisten; es soll klar werden, dass die Gesetzeshüter bei haushaltsüblichen Mengen in der Regel ein Auge zudrückten. Bei großen Mengen und organisierter Kriminalität ermittelten sie jedoch und griffen hart durch. Rudi Fleuren ist z.B. in meinem Roman mit seinen Kollegen in einem solchen Fall am ermitteln und wir begleiten ihn bei Bauernbefragungen und Standortbegehungen.

Hohes Gras und Schilf halfen dabei, die Erdgruben mit Schmuggelware zu verstecken.

Innerhalb der Polizei und in Teilen der Bevölkerung wurden die Ermittler bei solchen Schmuggelfällen “Kaffeeriecher” oder “Kaffeeschnüffler” genannt. Wie die Polizisten und Zollbeamten diese Bezeichnung aufnahmen, ist leider nicht überliefert – zumindest habe ich dazu nichts gefunden. In meinem Roman nehmen sie es mit Humor.

Neben wissenschaftlich aufgearbeiteten Quellen gibt es auch diverse, historische Werke von lokalen Autoren des Niederrheins. Das bekannteste ist wohl der Roman “Grenzvolk” des Walbecker Heimatdichters Jakob Schopmans. Nicht nur existieren von ihm unzählige Gedichte, Briefe, Romane aus dieser Zeit, er war auch der Gründer des “Heimat- & Verkehrsverein Walbeck”. Sein Leben ist eng mit Walbeck verbunden – ich verweise auf diesen Text eines Nachkommen, der sein Wirken ein wenig nachzeichnet (Link).

Den Roman des Walbecker Heimatdichters Jakob Schopmans gibt es nur noch antiquarisch und als print-on-demand.

Mir hat die Wanderung auf diesem historischen Boden sehr viel Spaß gemacht. Es beflügelt meine Fantasie und Faszination für das Thema ungemein, wenn ich mir während des Spazierganges vorstelle, was wohl gerade hier an diesem Ort vor hundert Jahren alles passiert sein muss.

Ich hoffe der kurze thematische Ausflug hat euch gefallen. Ich widme mich nun wieder meinem Text und bin gespannt, worüber ich nächste Woche berichten kann :).